Klimatologie, Klimageographie

   
 

 Die Rekonstruktion von Paläoklimaten - Methoden und Probleme

 
 
 

1.

Begriffliches


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Paläoklimatologie: Lehre vom Klima der Vorzeit (= vor Beginn instrumenteller Messreihen) -> Rückblick auf Entwicklung des Klimas inklusive seiner Ursachen und Mechanismen -> Prognose zukünftiger Entwicklung (Aktualismusprinzip...)

Proxy Daten: beschreiben jegliche Informationsquelle, die indirekte Messung (=Rückschluss) auf vergangene Klimate zulässt (-> Vielfalt der Proxies s.u.)

 

2.

Paläoklimatische Information
 

2.1.
Geomorphologie

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Begriff der Vorzeitform oder Reliktform als Klimazeuge; diese Konzept setzt voraus, dass geomorphologische Prozesse und Formenbildung in Anlehnung an heutige Verhältnisse wesentlich vom Klima gesteuert wurden (-> Aktualismus) und sich durch Klimawandel entsprechend ändern (indem entweder andere Prozesse einsetzen oder sich die Rate der herrschenden Prozesse ändert), Vorzeitformen sind aus allen Teilgebieten der Geomorphologie überliefert, bevorzugt in Gebieten schwacher rezenter Formung, für quartäre Paläoklimatologie bedeutsame Beispiele sind:

 

Glaziale Formen: Gletscherschrammen, Moränen, Drumlins, glaziofluviale Formen, Kare, Trogtäler etc... -> Rekonstruktion von Eismassen (Ausmaße, Ausbreitung und Richtung), dann Bestimmung der Schneegrenze bzw. des ELA (Equilibrium Line Altitude entspricht Trennlinie zwischen Akkumulation und Ablation) und Ableitung der Paläotemperatur, evt. Niederschlag

Periglaziale Formen: Kryoplanationsterrassen, Gelifluktionsloben, Frostmuster- und Strukturböden, Eiskeile, Thermokarst etc... -> Rückschluss auf Permafrostbedingungen, evt. quantitative Aussagen über Temperatur möglich (Schwellenwerte einzelner Prozesse, z.B. Blockgletscher, Pingos)

Küstenformen: Gehobene Abrasionsterrassen, inaktive Kliffs, ertrunkene Täler, Fjorde, Schären etc... -> Hinweise auf Meeresspiegeländerung: Glazio-Isostatische Änderung (Rückschluss auf Eisvolumen), eustatische Änderung (Hinweis auf Eisvolumen und Temperatur), problematisch: Tektonik)

Fluviales System: -> Flussterrassen: Erosions- oder Akkumulationsterrassen in Abhängigkeit u.a. vom hydrologischen/fluvialen Regime und Klima (aber auch Meeresspiegelniveau, Tektonik, Schmelzen von Eiskappen, Anthropogene Eingriffe), Entwicklung von "Cut-and-Fill"-Sequenzen, Vorteil: Sedimente meist gut datierbar, problematisch (!): Zusammenhang zum Klima sehr komplex ® Inaktive Gewässernetze: in ariden Gebieten Zeugen humideren Klimas, Deutung oft problematisch durch Komplexität des fluvialen Systems

Seen: paläoklimatische Information i.w. aus Strandterrassen ehemaliger Seehochstände, die unterschiedlichen Wasserhaushalt (klimatisches Regime, atmosphärische Zirkulation) wiederspiegeln

Äolische Formen: fossile Dünenfelder deuten hin auf veränderte Aridität/Humidität, Dünenformen oder Windschliff geben Aufschluss über Windregime (und damit veränderte Zirkulation), z.B. keine rezente Formung von Riesendünen (Draa)

Verwitterungsformen: Duricrusts (Laterit als Anzeiger für humides, tropisches Klima, Calcrete und Gypcrete als Anzeiger semi-ariden bis ariden Klimas, Silcrete ??) oder Saprolitische Sedimente (tropisches Klima), Patina oder Wüstenlack (arid)
 

2.2.
Lithologie und Stratigraphie

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Marine Sedimente: bestehen aus terrigenem (klastischem) und biogenem (silikatische oder karbonatische Mikroorganismen -> marine Schlämme) Material, paläoklimatische Information über Ozeanzirkulation, Wassertemperaturen und somit Lufttemperaturen wird durch Fossilien, Chemie und Isotopenverhältnisse abgeleitet, hierbei gibt es das Kohlenstoff-Isotopen-Verhältnis (gemessen in d 13C), vor allem aber:

-> Sauerstoff-Isotopen-Verhältnis: natürliches 18O:16O-Verhältnis bei etwa 1:500, gemessen an Mikrofossilien, die O in ihre Schalen einbauen (benthische und planktonische Foraminiferen), Abweichungen von Standardwerten (SMOW für Wasser, Eis..., PDB für Karbonate) angegeben durch d 18O, je kleiner dieser Wert desto "isotopisch leichter" (da 18O wenig schwerer als 16O)

-> Variation der d 18O-Werte gesteuert durch Fraktionierung, d.h. durch bevorzugte Verdunstung der leichteren H216O-Moleküle gegenüber den schwereren H218O-Molekülen in Abhängigkeit der Temperatur -> kältere Luftmassen können immer weniger schweres 18O aufnehmen, somit reichert es sich im Meer an während die Eiskappen aus leichterem 16O aufgebaut werden -> Warm- und Kaltzeiten lassen sich ausgliedern (s.u.), problematisch sind unterschiedliche (langsame) Sedimentationsraten, Bioturbation und Mixing, Unterschiede zwischen den einzelnen Arten der Forams hinsichtlich des O oder C-Einbaus, Lösung und Diagenese unterhalb der CCD

-> Informationen zur lokalen SST und zum globalen Volumen Meer/Eis, u.U. Meeresspiegel: 1o/oo höheres d 18O entspricht 10 m Meeresspiegelfallen oder 1% höheres d 18O ist 1 °C Abkühlung
 

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Eiskern-Stratigraphie: wesentliche Eisbohrprojekte in Grönland (GRIP, GISP) und Antarktis (Wostok), Gletscher und Eiskappen akkumulieren Schnee/Eis in Jahresschichten als Funktion der Schwankung zwischen Ablation und Akkumulation (Winter heller, Sommer dunkler, mit Tiefe zunehmende Deformation) unter Einschluss von Staub, Aerosolen, Spurenelemente und -gasen, biologische Materialien, stabile und radioaktive Isotope (Datierung), Analyse enthält u.a. folgende paläoklimatische Information:

-> Staubgehalt ermöglicht Jahresringanalyse trotz Deformation, außerdem als Proxy für äolische Aktivität in Abhängigkeit vom Klima

-> Chemische Zusammensetzung erlaubt über Säurengehalt Rückschlüsse auf vulkanische Aktivitäten

-> Stabile Isotopen (vor allem d 18O und d Deuterium) geben Hinweise auf Verdunstung bzw. Niederschlagsvariabilität und grob gesprochen auf die globale Temperatur-entwicklung in verschiedenen Maßstäben (saisonale Schwankungen, Hochfrequenz-Schwankungen wie Dansgaard-Oeschger Ereignisse oder Stadiale und Interstadiale, Großzyklen wie Glaziale und Interglaziale)

-> Treibhausgase zeigen Korrelation zu Sauerstoffisotopen und offenbaren Anstieg des CO2 um 20-30 % innerhalb der letzten 200 Jahre (menschlicher Treibhauseffekt?)
 

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Glaziale Sedimente: Eigenschaften von Till erlauben Klassifizierung (Flow-, Meltout-, Lodgement- und Deformation-Till) und Rückschlüsse auf glaziales Umfeld (inklusive lokales thermales Regime des Gletschers), lithofazielle Untersuchung erlaubt Korrelation und gibt Hinweise auf Ausdehnung und Ausbreitungsgeschwindigkeit bzw. -richtung, außerdem Erratika und Till fabrics (Herkunft)
 

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Paläoböden: auf einer ehemaligen Landoberfläche entwickelte Böden, Prozesse der Bodenbildung i.w. abhängig von Klima und Vegetation, Herausbildung von typischen Bodenprofilen (meist polygenetisch) je Klimazone -> Paläoboden als Anzeiger für Paläoklima (Temperatur und Niederschlag, Feuchtigkeit)
 

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Moore: Wachstumsraten nur bedingt paläoklimatisch interpretierbar (da abhängig von Grundwasserspiegel), allerdings Unterschiede im Humifizierungsgrad des Torfs vom Klima gelenkt
 

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Seesedimente: klassifiziert nach Gehalt an organischem Gehalt (Protopedon, Gyttja, Dy, Sapropel), (Paläo-)Limnologie gibt Aufschluss über Trophiegrad (komplexe, auch anthropogene Faktoren), Zirkulationstyp (u.a. abhängig von Temperatur und Windregime) und Wasserhaushalt, Seekreide bietet Möglichkeit der Analyse stabiler Isotopen
 

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Loess: äolisches, karbonathaltiges Sediment der Schluffgrösse aus Quarz, Feldspäten und Glimmer, genetisch verbunden mit periglazialen Bedingungen (Europa) oder Wüstengebieten (Zentralasien, China), Ablagerung während Kaltzeiten im Wechsel mit Pedogenese der Warmzeiten schaffen Loess-Paläosol-Sequenzen

-> korrelieren mit Sauerstoff-Isotopen-Stages, also Anpassung an astronomische Parameter, weitere paläoklimatische Information aus Korngrösse (Windgeschwindigkeiten) oder Magnetischer Susceptibilität (?, Proxy für Niederschlagsmenge)
 

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Höhlensedimente: Höhlen als Sedimentfallen für detritische Sedimente (Ausgangs-material für paläontologische, sedimentologische Analyse) und Bildungsraum für Tropfsteine bzw. Speleotheme: i.w. aus Calciumcarbonat aufgebaut, Ausfällung des CaCO3 (??) ausgelöst durch Entgasung von CO2, langsames Wachstum in Schichten, dienen als hochauflösende Archive, datierbar durch Jahresringe oder Uran-Serien-Datierung

-> paläoklimatische Information durch Wachstumsphasen (feucht), Isotopen-Untersuch-ungen, vor allem d 18O (da Temperatur in Höhle abhängig ist von externen Durchschnitt-stemperatur

-> Devils Hole Kurve und subaquatische Tropfsteine (Anzeiger für Meeresspiegelanstieg)
 

2.3.
Biologie

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Pollenanalyse (Palynologie) rekonstruiert durch Vergleiche mit modernen Pollenspektren die Zusammensetzung der Paläovegetation, die i.w. vom Paläoklima abhängt (problematisch ist die Reaktionszeit der Vegetation auf abrupte Klimawechsel)

-> Pollenkörner und -sporen werden von Angiospermen und Gymnospermen zur Befruchtung und Fortpflanzung produziert und über Wind (Wasser, Tiere etc.) verteilt, da äußere Hülle (Extine) sehr wiederstandsfähig gegenüber Säuren erhalten sich Pollen im Sediment

-> Pollenniederschlag ist je nach Spezies verschieden und variiert in Abhängigkeit von Produktivität und Verteilungsrate (-> es gibt überrepräsentierte und unterrepräsentierte Spezies im Sediment) · Analyse umfasst Trennung der Pollen von der Probe, Zählen der Pollen und Einteilung nach Spezies (jede Spezies hat verschiedene Pollen, die nach Morphologie unterschieden werden -> Pollentyp), in jedem Horizont gibt es eine Mischung aus verschiedenen Pollentypen (Pollenspektrum), dann Darstellung in Pollendiagrammen:

1. Relative Pollendiagramme basieren auf dem prozentualen Anteil jeden Pollentyps an gesamter Pollensumme (meist ohne aquatische Taxa), zeigen Abhängigkeit von Produktivität/Verteilungsrate -> Rückschluss auf Anteil an Gesamtvegetation bisweilen problematisch

2. Absolute Pollendiagramme basieren auf der Pollenkonzentration (Anzahl von Pollenkörnern pro Einheit Sedimentvolumen), durch absolute Datierungen wird Sedimentationsrate ermittelt -> Polleninflux pro Zeit wird bestimmt
 

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Mikrofossilien: vor allem marine Mikrofauna wie Foraminiferen, Coccolithen (karbonatische Skelette), Radiolarien und Diatomeen (Kieselsäureskelett) werden untersucht auf Sauerstoff-Isotopen-Verhältnis, Menge und Vorkommen durch die Zeit sowie morphologische Unterschiede (beide in Abhängigkeit der Umweltbedingungen)
 

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Makrofossilien: Insekten (Käfer) reagieren sensible auf Klimawandel, Pflanzenfossilien erlauben Rückschluss auf Vegetation, Paläontologie gibt Hinweise auf Populationen vieler Arten (Pflanzen und Tiere)
 

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Korallen: Vorkommen beschränkt auf Meer mit > 30°C warmen Wasser (30° N/S), Jahresringe bilden sich, denn Wachstum und Dichte des Kalkskeletts variiert über das Jahr in Abhängigkeit von Oberflächenwassertemperatur und Nährstoffangebot, wesentliche Parameter für paläoklimatische Interpretation sind Wachstumsrate (-> Oberflächenwassertemperatur SST, Nährstoffeintrag durch upwelling), d 18O (Nieder-schlag und Bewölkung, vor allem i.Z. mit ENSO), d 13C (Photosynthese und Bewölkung)

-> Kalibrierung der Sauerstoff-Isotopen-Kurven: Korallen wachsen schnell (ertrinken nie, ersticken), Terrassentreppe bei bekanntem tekt. Uplift (Huon)
 

2.4.
Historische Information

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Vorgehensweise: Prüfung auf Wahrheitsgehalt, Quantifizierung, lineare Statistik und Abgleich/Kalibrierung (Dendrochronologie), dabei sind Informationsquellen i.w.:

-> Archive direkter Wetterbeobachtung
-> Frühtechnische Messdaten
-> Ertragsdaten
-> Hochwassermarken
-> Stadtschreiber, Malereiabgleich etc...

 

3.

Datierung
 

3.1.
Absolute Altersdatierung

 

... durch Radioisotopen-Methoden (Radiometrische Methoden): jedes Element besteht aus verschiedenen Isotopen (bestimmt durch die Anzahl von Neutronen), diese sind entweder stabil oder instabil, d.h. sie unterliegen radioaktivem Zerfall: Verlust an Energie in Form von a- und ß-Partikeln und ?-Strahlen führt zu neuem Element -> Mutterisotop wird (direkt oder indirekt über eine Reihe von Isotopen) zu Tochterisotop, Rate des radioaktiven Zerfalls für jedes Element konstant, wird gemessen in der Halbwertzeit (sprich: die Zeit, die benötigt wird um eine bestimmte Menge an Mutterisotopen um die Hälfte zu reduzieren)

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Radiokarbon- oder 14C-Methode: 14C entsteht in der oberen Atmosphäre durch kosmische Strahlung und oxidiert, diffundiert schnell in die untere Atmosphäre und Hydrosphäre, wo es radioaktiv zu 14N zerfällt (Neubildung gleich Zerfallsrate), von Lebewesen wird es eingebaut (-> datierbar sind Holz, Kohle, Torf, Knochen, Schalen, Böden, Meerwasser, marine und lakustrine Sedimente, atmosphärisches CO2) und immer wieder erneuert, bis ab deren Tod der 14C-Gehalt langsam abnimmt (Halbwertzeit konventionell 5579 ± 30 a -> datierbarer Zeitraum bis etwa 50 ka), d.h. residualer 14C-Gehalt bestimmt Alter

-> Herkömmliche Methode misst Emissionsrate der b-Partikel des radioaktivem Zerfall der 14C-Atome über eine längere (!) Zeit, und AMS-Methode (Accelerator Mass Spectrometry) misst die Masse (und damit die Anzahl) der 14C-Atome einer kleinen (!) Probe -> Fehlerquellen (-> Notwendigkeit von Kalibrierung durch rel. Datierungen):

1. Zeitliche Variation in 14C-Produktion (Strahlung und damit 14C-Produktion schwankt in Abhängigkeit von Erdmagnetfeld und Sonnenflecken etc., relative Abreicherung von 14C in Atmosphäre durch Zunahme von 12C als Resultat der Verbrennung fossiler Rohstoffe bzw. Atombombenversuche

2. Fraktionierung ist die selektive Aufnahme von bestimmten Isotopen gegenüber anderen (z.B. bevorzugte Absorption von 12C durch Photosynthese oder von 14C durch Meerwasser, korrigiert durch Abgleich des 13C:12C-Verhältnisses mit einem Standardwert (PDB)

3. Reservoir-Effekt: Ozean (oder auch Seen) hat niedrigeren 14C-Gehalt als Atmosphäre (durch Mischungs-vorgänge mit altem Tiefenwasser und langsamen Austausch mit atmosphärischem CO2 -> marine Organismen sind scheinbar zu alt)

4. Kontamination mit jüngerem oder älterem C (durch Wurzeln, Huminsäuren, Bioturbation, Einwaschung und Verdünnung durch Kohle etc., Eintrag 12C-haltigen Grund- oder Lösungswasser in Seen, Umkristallisationsvorgänge...)

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40Kalium/40Argon- (bzw. 40Ar/39Ar-) Methode: durch Zerfall von 40K zu 40Ar reichert sich das 40Ar relativ im Kristallgitter an, Menge des 40Ar wird gemessen und verglichen mit Menge des 40K, gebraucht i.w. für vulkanische und metamorphe Gesteine (Kalium in Biotiten etc.) der letzten 100 ka bis 30 Ma, 40Ar/39Ar-Methode benötigt nur eine Messung (...)

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Uran-Serien- (bzw. Uran-Thorium-) Methode: 238U, 235U und 232Th zerfallen in komplexen Schritten (verschiedene Tochterisotope mit verschiedenen Halbwertszeiten, u.a. 231Protactinium) zu stabilen Blei-Isotopen (206Pb, 207Pb, 208Pb), es entsteht ein Gleichgewichtszustand zwischen Mutterisotopen und den verschiedenen Tochterisotopen (d.h. es wird genauso viel Tochterisotop gebildet wie wieder zerfällt), wo dieses Gleichgewicht zerstört wird (durch selektive Gasdiffusion, Fraktionierung, Transport oder Ablagerung der Tochterisotope) werden "Uranium-Series Desequilibrium Dating Methods" angewandt, d.h. der Grad der Rückkehr zum Gleichgewichtszustand wird gemessen an 230Th/238U- (Datierungszeitraum Jahre bis ~350 ka) und 231Pa/235U-(Datierungszeitraum 5-150 ka) Verhältnissen, datierbares Material sind Tropfsteine und Sinter etc., Korallen, Muscheln, Knochen, Torf

-> DE (daughter excess): 230Th und 231Pa sind unlöslich, reichern sich aus radioaktiv zerfallendem U an und sammeln sich im Sediment, wo sie weiter zerfallen (mit der Tiefe abnehmende 230Th- und 231Pa-Konzentrationen erlauben Rückschluss auf Zeitpunkt der Sedimentation

-> DD (daughter deficiency): lösliches U wird mit Calcit oder Aragonit ausgefällt, d.h. unlösliches Th oder Pa sind nicht vorhanden und reichern sich als Produkte des radioaktiven Zerfalls im Laufe der Zeit an

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Luminiszenz-Methoden: radioaktiver Zerfall von U, Th oder K (aus Sediment- oder vulkanischen Gesteinen) ionisiert benachbartes Material durch Bombardement mit a- und ß-Partikel und ?-Strahlen, d.h. Elektronen werden im Kristallgitter gefangen und können nur durch Wärme bzw. Licht wieder befreit werden

-> Thermoluminiszens- (TL-) Methode: Thermoluminiszenz ist die Strahlung, die die durch künstliche Erhitzung/Bestrahlung freigewordenen Elektronen verursachen, d.h. ihre gemessene Intensität ist das Produkt der erhaltenen Strahlung und der Zeit (die seit der letzten Exposition zu Feuer oder Tageslicht vergangen ist)

-> Sonderform ist OSL-Methode (Optical Stimulated Luminiscence) für Quarze oder Feldspäte

-> Electron Spin Resonance- (ESR-) Methode: elektromagnetische Strahlung regt gefangene Elektronen zu Bewegung an, welche wiederum das elektromagnetische Feld messbar schwächt

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Fission-Track- (oder Spaltspuren-) Methode: während des radioaktiven Zerfalls von 238U (234U??) kommt es u.a. zur Kernspaltungen der Atome, welche den benachbarten Atomen Spaltspuren zufügen, d.h. die Anzahl dieser Spaltspuren ist Funktion aus 238U-Gehalt (ermittelt anhand 235U-Gehalt bekanntem 235U/238U-Verhältnis) und Zeit, angewendet i. w. auf vulkanisches Glass, Minerale (Zirkon)
 

3.2.
Relative Alterbestimmung

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Paläomagnetismus: Erdmagnetfeld unterliegt dauernden Schwankungen (kurze, kleine, sekulare Schwankungen und länger Umkehrungen des Magnetfeldes), seine messbaren Komponenten sind Deklination (Winkel zwischen magnetischem und geographischem Nordpol), Inklination (Neigungswinkel relativ zur Horizontalen) und Feldstärke (stärker an - nicht in!!! - Polen)
-> Magnetische Minerale werden fixiert durch Abkühlung und (Magmatite) oder Diagenese (marine Sedimente und Löss) und dienen der Etablierung von Magnetostratigraphien (mit Hilfe von absoluten Datierungen) und Ausgliederung der "Polarity Chrons" (z.B. Brunhes Normal Polarity Chron von 0,78 Ma bis heute und Matuyama Reversed Polarity Chron von 2,58 Ma - 0,78 Ma) and "Subchrons (Events)"

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Tephrochronology: Tephra (vulkanisches Lockermaterial) wird großregional verteilt und bildet Horizont in Sedimenten, durch Korrelation aufgrund verschiedener Merkmale (Granulometrie, Petrographie, Mineralogie, Geochemie -> "fingerprint") dienen sie als Markerhorizonte, deren absolutes Alter wird ermittelt durch radiometrische Datierung der primären Bestandteile der Tephra oder assoziiertes organisches Material

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Sauerstoff-Isotopen-Chronologie: Verhältnis der stabilen Sauerstoff-Isotopen 18O:16O (ausgedrückt in d 18O) aus weltweiten Bohrungen (marine Sedimente!! Aber auch anwendbar an Tropfsteinen, Seesedimenten, Eisbohrkernen etc.) ist Proxy für kleinmaßstäbige Klimawandel in Abhängigkeit der Milankovitch-Parameter -> SPECMAP-Kurve durch radiometrische Datierung und Ausrichtung an astronomischen Parametern kalibriert, Ausgliederung der Sauerstoff- Isotopen-Stages (gerade Zahl - kalt, ungerade Zahl - warm) mit über 100 Stages im Quartär bis ins Miozän bzw. Kreide

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Baumringe (Dendrochronologie): Weichholzgewächse (i.w. Koniferen) ergänzen während jedes Wachstumszyklussees neue Zellen außen um den Stamm herum, diese Zellen haben je nach Wasserangebot eine unterschiedliche Größe und Zellwand
-> Jahresringe haben in Abhängigkeit u.a. vom Klima unterschiedliche Größe, diese Jahresringe von subfossilen bis rezenten Bäumen werden gemessen, standardisiert (weil Ringe im Alter schmaler als in der Jugend) und innerhalb einer geographisch begrenzten Region verglichen oder anders datiert, korreliert und evt. klimatisch interpretiert (Dendroklimatologie), problematisch ist der Einfluss von Stressfaktoren auf den Baum (Modifikation oder Ausfall von Ringen)

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Warvenchronologie: Warven sind rhythmisch, d.h. jahreszeitlich geschichtete Sedimente glaziolakustriner oder anderer Seen ohne volle vertikale Zirkulation (-> saisonale Änderung der Sedimentationsbedingungen), problematisch ist interannuäre (klimatisch extreme Jahre führen zu Ausfall von Warven) und intraannuäre (klimatische Ereignisse innerhalb eines Jahres wie Wind oder extreme Niederschläge sorgen für zusätzliche Warven) Variabilität der Schichten, außerdem Erosion von Schichten möglich, Korrelation über größere Entfernung erschwert durch unterschiedliche geographische (und damit warvenbildende) Faktoren

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Flechten (Lichenometry): setzt man bekannte Wachstumsraten der Flechten voraus, wird das minimale Alter des von der Flechte besiedelten Substrates durch die Flechtengrösse angegeben, problematisch ist die Identifizierung bis auf Speziesniveau und Variabilität der Wachstumsrate durch diverse Faktoren

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Jahresringe der Eisbohrkerne sind unterscheidbar durch visuelle Unterschiede (Eiskristalle etc.), sind aber auch charakterisiert von Wechseln der stabilen Isotopenverhältnisse (d 18O, d D), der elektrischen Konduktivität, des Staubgehalts und der chemischen Komposition

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Chemische Alteration als teilweise zeitabhängiger Prozess

-> Aminosäure-Racemisierungs-Methode: Natürliche Aminosäuren (aus Knochen, Korallen, Foraminiferen etc.) gehen nach dem Tod der Lebewesen von rechtsdrehende in linksdrehende Aminosäuren über (Racemisierung), dieser Vorgang hat je Säure verschiedene Geschwindigkeiten und erlaubt eine Rückrechnung im Zeitraum von 100a bis 10er ka

-> Obsidian Hydratation: Wasserabsorption frisch exponierten vulkanischen Glases sorgt für Hydratationsrinde (Perlit), deren Dicke die Zeit seit Exposition reflektiert -> Mächtigkeit von Verwitterungskrusten (Schmitthammer) -> Cation-Ratio Dating: K+Ca zu Ti Verhältnis nimmt in Wüstenlack mit Zeit ab

 

4.

Wesentliche Probleme und Einschränkungen


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Kalibrierung/Abgleich als Filter für nicht klima-relevante Faktoren
Problem der Vergleichbarkeit wegen verschiedener Proxies
Aktualismusproblem (nicht alle "Environments" der Vergangenheit haben eine vergleichbare "moderne Analogsituation")
Unterschiede in zeitlicher Auflösung · Reaktionszeit der Proxies auf Klimawandel fraglich
Kontinuität der Archive nicht immer gegeben
Der Datierungsmethoden eigene Probleme
Sonst noch was ??? Mir fällt nix mehr ein... aber auch gaaaar nix mehr!

 

 

Literatur

 

LOWE UND WALKER (1998 reprint): Reconstructing Quaternary Environments.
BRADLEY (1999): Paleoclimatology.



 
 

 

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