Klimatologie, Klimageographie

   
 

 Die ‚Southern Oscillation'

 
   

Nach BRYANT, E (1997): Climate Process & Change S.66

 

Allgemeines
 

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die Southern Oscillation (SO) und die damit verknüpften Systeme (Walker-Zirkulation, El Niño, ENSO, La Niña) beeinflusst ca. 60% der Erdoberfläche

die SO ist ein Atmosphäre-Ozean-Feedbackmechanismus, welcher zu räumlicher Variation neigt: => Auftreten nimmt Zufallscharakter an und wird kurzfristig zum Auslöser extremer Klimasituationen (Dürren / Überschwemmungen)

 

Die Normalsituation
 

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Sommer der Nordhalbkugel (NHK): Aufheizung wandert von den äquatorialen Regionen auf den indischen Subkontinent (Beginn des indischen Monsuns). Dadurch werden Luftmassen aus den benachbarten ozeanischen Regionen und Landmassen über den Subkontinent geführt
-> kehren über Ausgleichsströme in der oberen Troposphäre entweder über das südliche Afrika oder über den Zentralen Pazifik zurück

Im Sommer der Südhalbkugel (SHK) wandert diese Zone maximaler Erwärmung über den Indonesisch-Australischen ‚maritimen' Kontinent
-> Luftmassenverlagerung in der oberen Troposphäre über den östlichen Pazifik
Dabei ist die Konvektion so stark, dass aufsteigende Luftmassen die Tropopause durchbrechen und Wasserdampf und troposphärische Partikel die Stratosphäre erreichen (!)
-> diese Konvektionszellen werden auch ‚stratosphärische Fontainen' genannt

Während des gesamten Jahres befindet sich ein Hochdrucksystem quasi-stationär über dem äquatorialen Ozean westlich von Südamerika. Dieses Hoch vor Peru ist stark ausgebildet und befindet sich durch die kalten Gewässer und die daraus resultierenden Absinktendenzen in der Atmosphäre (positiver Rückkopplungseffekt) in einer stationären Position vor der peruanischen Küste (dieses Gebildes variiert über das Jahr < 5° in der Breitenlage)

Luftmassen strömen als Ost-Passate über den Pazifik zurück in die ‚Heizzone' des West-Pazifik oder des indischen Subkontinents ( WALKER-Zirkulation)

Die persistenten Passatwinde verfrachten warmes Oberflächenwasser über den Pazifik (es kommt zur Auftürmung eines Warmwasser-Pools in der Philippinischen See).
-> diese rel. Überhöhung im West-Pazifik entspricht etwa einem Zentimeter pro Grad Temperaturunterschied zwischen W-Pazifik und den S-amerikanischen Küstengewässern und beträgt i.d.R. 13-20 cm

Die Passatwinde erhalten diesen Zustand aufrecht und treiben gleichzeitig Oberflächenströmungen nahe des Äquators (NHK & SHK) nach Westen

EKMANN-Transport wirkt auf diese Strömungen und kaltes Wasser steigt in einer schmalen Zone am Äquator auf
-> dieser rel. lokale und starke Temperaturgradient kann von GCMs nicht richtig modelliert werden (!), was Einfluß auf Genauigkeit von ENSO - Vorhersagen hat

Die atmosphärischen und ozeanischen Strömungssysteme sind sehr stabil und vom jährlichen Klimazyklus unabhängig

 

El Niño - Southern Oscillation (ENSO) events
 

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der quasistationäre Heizprozeß schwächt sich etwa alle 3 - 5 Jahre ab oder bricht gar völlig zusammen (diese Fluktuation wird ‚Southern Oscillation' genannt

einen einfachen Index für die Intensität und Fluktuation dieses Systems erhält man, wenn man die barometrischen Druck von Darwin (N-Australien) von dem Tahitis subtrahiert:
 

SO-Index = hPa (Darwin) - hPa (Tahiti)


Index positiv: WALKER - Zirkulation existiert
           negativ: WALKER - Zirkulation ist schwach oder kehrt sich um
 

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negativer SO-Index = ENSO - Ereignis:
-> es bildet sich Hochdruck über dem ‚maritimen Kontinent' aus
-> Tiefdruck über warmen Wasser vor der südamerikanischen Küste
-> Passatwinde schwächen ab oder werden sogar von tropischen Westwinden ersetzt
-> das ursprünglich westlich gelegene Gebiet hoher Niederschläge wandert auf den Pazifik hinaus. Die Folge sind Dürren über dem normalerweise mit normalen bis starken Niederschlägen versorgten Ost-Australiens.
 

Die 'Great World Drought' von 1982-1983 war auf ein extremes ENSO-Ereignis zurückzuführen. Das Ereignis beeinträchtigte große Teile Australiens, Indonesiens, Indiens und Südafrikas... Im Folgenden wird dieser Super-ENSO-Event öfter angeführt (durch kursive Schrift gekennzeichnet)

 

-> außerdem ist eine globale Erwärmung über großen Teilen der Erde für das Auftreten eines ENSO-Events charakteristisch
 

 

-> generell:

wolkenfreier Anteil der EOF > bewölkter Anteil der EOF

 
-> Folge der verringerten Bewölkung ist die Zunahme absorbierter Einstrahlung
 

Die Ursache für ENSO - Ereignisse ist bis jetzt nicht vollständig geklärt !
 

Generell treten sie aber am wahrscheinlichsten auf, wenn die Tiefdruck-Gebiete des W-Pazifik jahreszeitlich zwischen den indischen Subkontinent und den ‚maritimen Kontinent' (im März/April oder August / September) wandern.
 

5 Ereignisse lassen sich erkennen, die einem Zusammenbruch der WALKER-Zirkulation vorausgehen:
 

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(5)

Meereis in der Antarktis und die Schneedecke in Zentralasien sind i.d.R. stärker ausgeprägt als sonst
 
die Stärke des indischen Monsuns hängt stark von einer thermischen Antizyklone mit 100-300 hPa in der oberen Troposphäre über dem Himalya-Plateau ab. Diese starke Druckgebilde führt zur Entstehung eines hohen Oststrahlstroms über Südindien. Es konnte beobachtet werden, daß sich zonale Ostwinde im 250hPa-Niveau über dem indischen Monsungebiet zwei Monate vor dem Eintreten eines ENSO-Ereignisses abschwächten.
 
die SO scheint eine Kombination einer 2.2-jährigen ‚quasi-biennal oscillation' (quasi 2jähriges Wechselspiel zwischen vorherrschender Ost- oder Westzirkulation in der tropischen Stratosphäre) und eines längeren Zyklus (ca. 5 Jahre) zu sein
 
Verändertes Verhalten südhemisphärischer mobiler Polar-Hochs. Eine starke WALKER-Zirkulation hängt direkt mit einer starken Westströmung zwischen 35° - 55° S zusammen. In dieser Westströmung werden entstehende Hitzetiefs im SHK-Frühling über dem ‚maritimen Kontinent' gefangen.

Übergang von NHK- zu SHK-Sommer: Wenn die in der Normalsituation stark meridional gerichtete Strömung in den mobilen Polarhochs zu einer, im Bereich Australiens zonalen abgewandelten, Zirkulation übergeht, kann Tiefdruck in den Pazifik gelenkt werden. Verstärkte südliche / südwestliche Winde östlich Australiens gingen 1982/83 dem ENSO-Event voraus und strömten auf eine Südpazifische Konvergenzzone zu, die weiter nach Osten versetz war. Die Hochdruckgebiete waren von gleicher Intensität wie immer, allerdings waren sie stärker meridional ausgeprägt und weiter nach Süden versetzt. Außerdem befanden sie sich ‚stationär' über Ost-Australien.

ENSO-Ereignisse treten i.d.R. häufiger auf, wenn im Vorjahr die Südpolar-Strömung auf Australien / Neuseeland hin verbogen war. Eine bedeutende Korrelation wurde zwischen dieser Abweichung, der SO und dem zeitgleichen Auftreten von Regenfällen über Teilen der südhemisphärischen Kontinente gefunden.
 

Alle 5 Faktoren könnten zusammenspielen!
 

Beispiele:

mehr Schnee im Winter in Asien (1 Jahr vor WALKER-Zirkulations-Zusammenbruch -> abgeschwächter Jet stream -> kein / kaum indischer Monsun

Mehr Meereis in der Antarktis -> veränderte Form und Zugbahn mobiler Polarhochs über Australien oder Verschiebung der polaren Strömung der SHK


 

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Wanderung von Tiefdruck über Australien hinaus führt zu westliche Luftbewegung über dem W-Pazifik. Da keine Passate mehr zu einer Überhöhung des Meeresspiegels an der Westgrenze des Pazifiks führen beginnt warmes Wasser entlang des Äquators nach Osten zu strömen (verstärkte äquatoriale Gegenströmung).

Normalerweise ist die Thermokline (Trennschicht zwischen warmen Oberflächenwasser und kaltem Tiefenwasser) im W-Pazifik dicker (200m) als im Osten (100m). Wenn aber warmes Wasser ostwärts verlagert wird steigt die Thermokline im Westpazifik.

Einer der ersten Indikatoren für ein ENSO-Event ist das Auftreten von kaltem Wasser nördlich von Darwin. Außerdem wandert eine Zone konvektionaler Instabilität vom W-Pazifik zu den, normalerweise trockenen, zentralpazifischen Inseln. Wirbelstürme die sich normalerweise im W-Pazifik bilden driften östlich auf Tahiti und Tonga zu; die Passate schwächen sich ab...
 

Folgen:

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das warmes Wasser im Westpazifik wird nicht mehr aufgetürmt und ‚schwappt' über den Pazifik zurück (als Abfolge von Kelvin-Wellen = langsame Wellen mit geringer Amplitude / Erstreckung über 1000e km). Nach einige Monaten erreicht es die peruanische Küste und überlagert das aufsteigende Tiefenwasser In seltenen Fällen können im November Zyklonen paarweise & beiderseits des Äquators entstehen. Da sie entgegengesetzt wirbeln können sie starke Westwinde zwischen sich erzeugen, welche dann Wassermassen ostwärts beschleunigen.
 
im O-Pazifik wird der Meeresspiegel durch die zusätzlich vorhandenen Wassermassen erhöht ð Thermokline wird auf > 200m verstärkt. Das warme Wasser verhindert die Ausbildung von Hochdruckgebilden (wird weniger stark) ð führt zu schwächeren oder ganz aussetzenden Passaten. Die außergewöhnlich warmen Wässer vor der ariden Küste S-Amerikas führt zu starken Regenfällen und Überschwemmungen in den ariden Anden und zu Dürre in S-Peru, Bolivien und NE-Brasilien.
 
 

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Das Auftreten von warmen Wässern findet an der peruanischen Küste in abgeschwächter Form jedes Jahr um Weihnachten herum statt. -> Namensgebung: El Niño

Wenn die WALKER-Zirkulation kollabiert wird diese jährliche Erwärmung verstärkt und die SST nimmt über einige Monate hinweg um 4-6°C zu. -> El Niño - Event

großräumiges Event: El Niño + Warmwasserverlagerung im Pazifik (östlich) + SO -> ENSO-Event

 

ENSO - Events
 

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Die Kelvin-Wellen werden an der O-Pazifik-Küste gefangen; warmes und relativ höheres Wasser breitet sich nach N und S aus (bis Kanada !)
1982/83 lagen die SST 10°C über den normalen Temperaturen / Meeresspiegel lag bis zu 60cm höher

Die starke Freisetzung von Wärme durch feuchte Luftmassen über dem Zentralen Pazifik führt dazu, dass sich der westliche Jet stream in der oberen Atmosphäre sowie das Aleuten Tief äquatorwärts verlagern. Oft entsteht auch ein Hochdruck-Rücken über der Westküste Nordamerikas, welcher aus Westen strömende bodennahe Winde und den Jet stream ablenkt. Das kann zu starken Klimaveränderungen über dem Kontinent führen.
1982/83 strömte der Jet stream über die Mitte des Kontinents. Folge waren starke Regenfälle im Süden der USA, super-milde Temperaturen an der Ostküste und starke Schneefälle in den südlichen Rockys. 1976/77 gab es dagegen Rekord-Minustemperaturen an der Ostküste, da der Polarjet nach Norden in die Polarregion abgelenkt wurde. Wegen der Erhaltung der ‚vorticity' sprang der Jet nach Süden über Ost-Amerika

Wenn sich das Warmwasser in den N-Pazifik ausbreitet, stellt sich in den Tropen eine Ostströmung ein. Das Abtauchen der Thermokline im O-Pazifik während eines ENSO-Events verursacht eine große Welle (Rossby-Welle), die entlang der thermoklinen Grenze westwärts wandert. Diese Welle wird an der W-Grenze des Pazifiks reflektiert und wandert über den Pazifik zurück
-> langsamer Anstieg der Thermokline auf pre-ENSO Niveau
-> die Rückkehr zur WALKER-Zirkulation kann aber auch alles andere als normal verlaufen: die zurückwandernde warme Wassermasse (Richtung W-Pazifik) kann extreme atmosphärische Instabilität mit sich führen / plötzliche Rückkehr zu Niederschlägen, die die Dürren über dem W- Pazifik ablösen

 

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langsamer Anstieg der Thermokline auf pre-ENSO Niveau
die Rückkehr zur WALKER-Zirkulation kann aber auch alles andere als normal verlaufen: die zurückwandernde warme Wassermasse (Richtung W-Pazifik) kann extreme atmosphärische Instabilität mit sich führen / plötzliche Rückkehr zu Niederschlägen, die die Dürren über dem W- Pazifik ablösen
 

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Wenn ein ENSO-Ereignis einmal ausgelöst wurde dauern die damit verbundenen Klimaänderungen mindestens zwei Jahre an (bis zu 4 Jahre). Starke ENSOs können im extratropischen Bereich allerdings bis zu ein Jahrzehnt nachwirken (z.B. abgeschnürte Warmwasser-Eddies etc.)

 

Folgen von ENSO-Events:
 

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Wenn die SO das Klima bestimmt ist sie zu ca. 30% für die Niederschlagsvarianz verantwortlich. Sie verursacht aber vor allem extreme, kurzzeitige Klimaänderungen auf 60% der Erde. Die Klimaeffekte sind vielfältig (können von Naturkatastrophen bis zu kurzzeitigen Klimaänderungen führen) 1982/83 entstand weltweit ein ökonomischer Schaden von etwa 8 Milliarden $.
 
S-Peru, W-Bolivien, Venezuela und NE-Brasilien sind am stärksten betroffen; die größten Verwüstungen entstehen allerdings im südlichen Afrika, Indien, Indonesien und Australien.

68% der mittleren bis starker ENSO-Events verursachen große Dürren in O-Australien. Außerdem wurde nachgewiesen, dass sie Dürren in der Sahel Zone verstärken, eine große Übereinstimmung mit Dürren und Fluten am Nil, dem Krishna und des Darling Rivers. In Indonesien sind über 93% aller Dürren während der Monsun-Zeit mit ENSO-Ereignissen assoziiert, 78% aller ausbleibender Monsune hängen mit ENSO-Events zusammen.

Auswirkungen auf Wirbelstürme: Dauer und Stärke ist in ENSO Jahren im äquatorialen Atlantik deutlich verringert. In ENSO Jahren hohe Westströmungen dominieren über der Karibik und dem Westen des trop. Atlantik (verhindert die Entstehung von Wirbelstürmen)

Zahl der Eisberge die südl. 48° N gelangen korreliert stark mit ENSO-Ereignissen können Begleiterscheinungen in der viel schwächeren Nordatlantik Oszillation auslösen (Auswirkung auf Island-Tief und Intensität des Azoren-Hochs) stärkeres Island-Tief: größere Anzahl an Eisbergen ENSO-Ereignisse können Windstress an der nordamerikanischen Ostküste ändern. Folge: Verhinderung von Entstehung und Süddrift der Eisberge.

 

La Niña Ereignisse
 

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außerordentlich intensive WALKER-Zirkulation

wenn die Passate wieder einsetzen können die aufquellenden Tiefenwasser an der peruanischen Küste und in dem schmalen Äquatorband extrem niedrige Temperaturen aufweisen (20°C)

außerordentlich warmes Wasser wird im W-Pazifik aufgetürmt (stärkere Konvektion und Niederschläge)
 

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generell gilt:

bewölkter Anteil der EOF > wolkenloser Anteil der EOF




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global kühlere Temperaturen
 
1987/88 war eines der stärksten La Niñas in 40 Jahren mit Rekordfluten im Sudan, Bangladesh und Thailand im Sommer der NHK. Regionale Überschwemmungen auch in China, Brasilien und Indonesien. Australien: trockene Winter zwischen außerordentlich feuchten Sommern / Rekordfluten der östlichen Flüsse; Lake Eyre füllte sich in zwei aufeinander folgenden Jahre !!!

 

 

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